In einem Aufsatz vom Dezember 1958 würdigt Wedig v. dem Knesebeck (1884–1960, Haus Böhme) seinen Onkel, den engen Vertrauten von Kaiserin Auguste Victoria: Bodo v. dem Knesebeck aus dem Hause Corvin, Vizeoberzeremonienmeister, Einführer des diplomatischen Korps, Kammerherr vom Dienst Ihrer Majestät der Kaiserin, Dr. med. h.c., Major der Reserve, Secretär und Inhaber des Schwarzen Adlerordens. Es ist nicht ganz leicht, über einen so bedeutenden Mann zu schreiben, den man nur mal kurz in seinem Leben auf einem Familientag im März 1908 erlebt hat. Unwillkürlich werden dabei mehr die Äußerlichkeiten zu Wort kommen. Man kann einwenden, dem Historiker steht meist auch nur die Fülle des papierenen Materials zur Verfügung. Aber das ist doch etwas anderes. Hier möchte man wie der Künstler oder Maler den Menschen objektiv schildern, soweit das überhaupt möglich ist. Immerhin war mein Eindruck von Bodo für einen jungen Leutnant von 24 Jahren, ich muss schon sagen überwältigend. Ein Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle mit einem sehr fein geschnittenen, geistigen Gesicht, seiner meisterlichen Haltung der hochgewachsenen Gestalt und einer Wärme ausstrahlenden Liebenswürdigkeit.
Mein Vater stellte mich ihm vor und er musterte mich, den Springinsfeld, mit einem wohlwollenden Verständnis. War er doch selbst einmal bei den Bonner Husaren, eines der feudalsten Kavallerieregimenter so jung gewesen (sic) und dann bis zum aktiven Rittmeister Soldat geblieben. Dann wechselte er in den Staatsdienst über. Die militärische Enge hatte seinen lebhaften Geist dazu veranlaßt und bald fand er nach kurzem Übergang im hessischen Hofdienst in Preussen am kaiserlichen Hof den Platz, der seinen Fähigkeiten angemessen war. Er wurde zunächst Sekretär und Kammerherr der Kaiserin Augusta* , um später in der gleichen Eigenschaft von der Kaiserin Auguste Victoria** übernommen zu werden. Diese Kaiserin sah ihre Hauptaufgabe in weitgehendster Tätigkeit für soziale Fürsorge und im Besonderen für die Betreuung aller Kranken der verschiedensten Schichten im Krieg und Frieden. Hierbei fand sie die hingebenste Unterstützung ihres Kammerherrn Bodo v. dem Knesebeck. Man sagt wohl nicht zu viel, wenn man in Bodo und seiner Kaiserin die Begründer des Deutschen Roten Kreuzes sieht.
*Ehefrau von Kaiser Wilhelm I. ** Ehefrau von Kaiser Wilhelm II.
Bodo v. dem Knesebeck suchte sich noch eine weitere Spezialaufgabe: Die Tuberkulosefürsorge. Er stand jahrelang an der Spitze dieses Verbandes. Man hat ihm in Hohenlychen für seine aufopferungsvolle Tätigkeit ein schlichtes Denkmal gesetzt. Ich erinnere mich, dass ich in Krankenhäusern und Lazaretten von Ärzten und Schwestern auf meinen Onkel angesprochen wurde, er hatte sicher kaum einen Feind.
Er starb am 6.8.1911 in Kassel überraschend nach einer geglückten Operation. Bei der Trauerfeier waren Kaiser und Kaiserin, sowie die kaiserlichen Prinzen zugegen – neben einer Fülle von Abordnungen der caritativen Verbände. Seine Leiche wurde auf seinen Wunsch nach Corvin überführt, er wollte in heimatlichem Boden begraben sein.
Er starb unverheiratet. Seine vielfachen Aufgaben hatten ihm nicht erlaubt, eine Frau zu finden (sic). Da er nur einen unverheirateten Bruder, den Oberstleutnant Lionel v. dem Knesebeck besass, vermachte er sein beträchtliches Vermögen dem Familienverband unter dem Namen Bodostiftung. Hiervon sollte ein Achtel zur Erhaltung des Gutes Corvin Verwendung finden.
In den 47 Jahren, die seit seinem Tod verflossen sind, haben viele Mitglieder der großen Familie Unterstützung zur Ausbildung und sonstigen lebenswichtigen Aufgaben aus dieser Bodostiftung erhalten und auch jetzt, da das Vermögen durch die beiden Weltkriege arg zusammengeschmolzen ist, werden dankbaren Herzens kleinere Unterstützungen aus dieser Stiftung empfangen. Wir legen im Gedenken mit seiner Großnichte Julie Herbstblumen dankbarst auf sein gepflegtes Grab und wissen , dass er als bedeutendstes Mitglied der Weißen Linie in uns fortleben wird.